Schönheitsideal – Was ist schön und warum?
Nicht nur als Beautyblogger fragt man sich, was es mit unserem Schönheitsideal auf sich hat und warum uns Schönheit überhaupt so wichtig ist.
Nach Wikipedia ist das Schönheitsideal eine zeitgemäße Vorstellung von Schönheit innerhalb einer Kultur, bezogen auf das Aussehen von Körper und Gesicht.
Das ist meiner Meinung nach nicht ganz richtig, denn auf der Welt gibt es sehr wohl ein universales Schönheitsideal, das überhaupt nichts mit Kultur zu tun hat. Dieses universale Ideal gilt für alle Menschen auf der Welt und ist in unserer Biologie und Evolution zu verorten.
Es gibt natürlich auch ein kulturell bedingtes Schönheitsideal, was sich beispielweise nach Regionen, Ethnien, Religionen, Epochen und alles, was Menschen in Gruppen gewisser Größe unterteilt, unterscheiden kann. Unser Schönheitsideal hat also zwei Komponenten: Biologie und Kultur.
Biologisches Schönheitsideal
Das biologische Schönheitsideal hat als wesentlichen Hintergrund die ….Fortpflanzung. Das liegt irgendwie nahe.
Die Zeit, in der Menschen Kinder bekommen können, ist beschränkt und wer aus diesem „fruchtbaren“ Zeitrahmen fällt, ist deutlich uninteressanter für das andere Geschlecht und somit auch weniger „schön“. Überall auf der Welt werden jüngere Menschen generell als attraktiver wahrgenommen werden als alte Menschen. Eine durchschnittlich attraktive 20 jährige Frau wird immer als schöner eingeschätzt als eine überdurchschnittlich attraktive 60 jährige Frau. Das gilt für Männer ähnlich, nur etwas verschoben.
Alles, was für Alter steht, ist jedenfalls bezogen auf Schönheit grundsätzlich ein Makel. Falten, graue Haare oder wenig Haare gelten als unschön und das ist überall auf der Welt relativ gleich. Ein weltweites Schönheitsideal ist makellose, glatte, straffe und gesunde Haut.
Ähnliches gilt für Gesundheit, denn gesunde Menschen stehen für gesunde Kinder. Kranke oder verunstaltete Menschen empfinden wir nicht als schön. Ja, sorry Quasimodo, du bist tatsächlich überall hässlich, du Armer.
Im diesem Zusammenhang steht auch das Kindchenschema. Das Kindchenschema ist eine biologische Grundlage menschlichen Fürsorgeverhaltens. Was aussieht wie ein Baby, löst Glücksgefühle bei uns aus und wird deshalb versorgt bzw umsorgt, um es ganz einfach auszudrücken. Typisch für das Kindchenschema sind große Augen, eine kleine und kurze Nase und wenig Kinn.
Das Kindchenschema hat einen gewissen Einfluss auf das weibliche Schönheitsideal, da es anscheinend den männlichen Beschützerinstinkt aktiviert. Frauen, die dem Kindchenschema entsprechen, werden von Männern jedenfalls als anziehender empfunden als solche, die diesem weniger entsprechen. Im englischen wird das „babyfaceness“ genannt.
Das Model Kate Moss ist ein sehr gutes Beispiel für starke babyfaceness. Interessant ist, dass blondes Haar auch wegen des Kindchenschemas als schön wahrgenommen wird, denn kleine Kinder haben grundsätzlich helleres Haar als Erwachsene.
In der Attraktivitätsforschung (ja, das gibt es) werden unterschiedliche Ansichten vertreten, wie stark sich jeweils Fruchtbarkeit, Gesundheit und Kindchenschema auf das universale Schönheitsideal auswirken. Das ist deshalb nicht so einfach, da das kulturelle Schönheitsideal das biologische überlagert. Außerdem ist das Aussehen eben auch nur ein Teil der menschlichen Persönlichkeit.
Kulturelles Schönheitsideal
Das kulturelle Schönheitsideal ist im Gegensatz zum biologischen im stetigen Wandel. In der Neuzeit ist es sogar ein recht schneller Wandel, oft nur einige Jahre, den jeder mitverfolgen kann. Früher hat man das, was schön galt, eher in Jahrzehnten und Jahrhunderten bemessen.
Das kulturelle Schönheitsideal unterliegt also regelrechten Moden. So war in der Renaissance zum Beispiel eine sehr hohe Stirn modisch. Deshalb haben sich Frauen den Haaransatz rasiert, damit die Stirn höher wirkt.
In den 1920er Jahren war in der westlichen Welt bei der weiblichen Figur zum Beispiel „skinny“ angesagt, dann viele Jahrzehnte „kurvig“ und seit den 90ern gibt es wieder einen Trend „skinny“. In Zeiten der plastischen Chirurgie ist es heutzutage sogar möglich, skinny und kurvig als Schönheitsideal zu vereinen. Ob das so gut ist, steht auf einem anderen Blatt.
Auch wird das kulturelle Schönheitsideal von Menschen beeinflusst. Heutzutage sind das Designer, Schauspieler, Models, und sehr stark auch das Marketing von Unternehmen, also alle die direkt mit „Schönheit“ zu tun haben und damit Geld verdienen. Früher waren es Persönlichkeiten der höchsten Gesellschaftsschicht.
Ein wesentlicher Teil des kulturellen Schönheitsideal ist, dass schön ist, was nicht einfach zu erreichen ist. Diese Schönheit ist nie etwas, was alle haben, sondern etwas Exklusives.
In Zeiten von Hungersnöten ist logischerweise dünn kein Schönheitsideal. Und in den Regionen der Welt, in denen die Nahrungsversorgung der Bevölkerung nicht durchgehend sichergestellt ist, gilt dünn auch nicht als schön.
Der zweite Weltkrieg hat in Europa zum Beispiel signifikant dazu beigetragen, dass bei der Figur „mehr“ definitiv als attraktiver galt als “weniger“. Die Kurvigkeit der 50er Jahre resultiert direkt daraus.
Etwas schön zu finden, was nicht einfach zu erreichen ist, ist mitunter ein Grund, warum wir das wollen, was wir nicht haben. Jemand mit Locken wünscht sich glattes Haar und eine dünne Frau will Kurven und das Ganze umgekehrt und das ist tatsächlich auch unabhängig vom gängigen Schönheitsideal.
In gewisser Weise hat dieses Streben nach Exklusivität auch damit zu tun, dass in Regionen, in denen dunkle Haut vorherrscht wie Indien und Afrika, helle Haut ein Schönheitsideal ist.
In Indien zum Beispiel werden jedes Jahr Unsummen für Haut-Bleaching-Produkte ausgegeben.
In Europa dagegen galt der gebräunte Teint lange als schön, weil damit verbunden ist, dass man viel Freizeit hat bzw Geld für Urlaub besitzt. In den 1960er war Urlaub in der Sonne eben noch etwas wirklich Exklusives.
Jahrhundertelang galt aber auch in Europa sehr helle Haut als schön, weil es bedeutete, dass man nicht auf dem Feld arbeiten musste und seine Zeit unter dem Sonnenschirm oder im Inneren von Häusern verbringen konnte.
Ideal war auch lange die Rubensfigur, eine Art unmuskulöse Birnenform mit eher kleinen Brüsten, aber kräftigen Schenkeln und Bauch. Mit einer solchen Figur würde man heutzutage als übergewichtig und unsexy eingestuft werden, somit also das genaue Gegenteil von ideal. Hier hat sich der Wandel des Schönheitsideals sogar in das Gegenteil verkehrt.
In Asien gelten runde, europäische Augen als sehr schön, obwohl dort Mandelaugen normal sind. Gerade hier und auch bei dem indischen Verlangen nach heller Haut wird in gewissem Maße auch ein Grund sein, dass die wirtschaftliche Dominanz der westlichen Industrienationen dazu geführt hat, dass sich auf der ganzen Welt ein westliches Schönheitsideal oder ein zumindest westlich gefärbtes Schönheitsideal etabliert hat. „Unsere“ Schönheitsideale werden über Hollywood und westliche globale Unternehmen auf der ganzen Welt weiterverbreitet. Das ist aber nur ein Teil des Bildes, denn in Indien gibt es auch Menschen, die sehr hell geboren sind, es ist eben nur selten und deshalb exklusiv.
Schön kann also immer nur eine Minderheit sein, denn wenn es beliebig wird, gilt es nicht mehr als schön. Außerdem ist Schönheit an Jugend und Gesundheit geknüpft und deshalb vergänglich. Kann man nichts machen…
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