Das Rokoko – Mode, Kosmetik, Frisuren aus Versailles
Auf den prunkvollen Stil des Barock folgt von etwa 1720 bis 1795 die heutzutage als Rokoko bezeichnete Epoche. Das Wort Rokoko leitet sich von dem französischen „Rocaille“ für „Muschelform“ ab, ein häufig wiederkehrendes Dekorelement dieser Zeit, das die elegante Leichtigkeit der Epoche wiederspiegelt.
In das 18. Jahrhundert fallen die Aufklärung und viele wichtige technische Errungenschaften wie die Dampfmaschine. Goethe, Lessing, Schiller, Haydn und Mozart leben in dieser Zeit. Es entstehen wichtige neue Trends in der Architektur und Malerei und natürlich Mode.
Über das Rokoko wurde wirklich viel Schwachsinn geschrieben, insbesondere was Körperpflege, Frisuren und Mode angeht.
Ich kann mich an meinen Geschichtsunterricht erinnern, der insbesondere aus dem Spätrokoko, also der Zeit der Marie Antoinette, eine Phase der verlausten und stinkenden, aber protzigen, eitlen und verschwenderischen Adligen gemacht hat, die eigentlich verdient haben, durch die Französische Revolution auf dem Schafott zu enden.
Und nach der Französischen Revolution wurde die Mode super bequem, die Menschen entdeckten Hygiene und Demokratie und alles war viel besser … Blödsinn.
Bequeme weibliche Mode ist eine Errungenschaft des 20. Jahrhunderts und zwar der 1910er und 1920er. Kommerziell erhältliches Haarwaschmittel gibt es erst seit Beginn des 20. Jahrhunderts. In der gesamten vorherigen Geschichte musste man sich die Haare mit Seife waschen oder schlechter reinigenden Substanzen und hatte dann stumpfes Haar, weswegen man oft nur mit Wasser gewaschen hat.
Seife in der heutigen Form gibt es seit dem 7. Jahrhundert, die Araber haben sie entdeckt und sie wurde von da an sehr reichlich für den Körper benutzt, gerade auch im Rokoko mit der beginnenden industriellen Fertigung von Produkten.
Die Menschen haben sich sehr wohl regelmäßig gewaschen, übrigens genauso wie die Menschen im Mittelalter, die auch gerne als dreckig und verlaust dargestellt werden.
Die Zeit, in der man sich in Europa tatsächlich eher wenig gewaschen hat, ist in etwa die Renaissance (1450 – 1600), weil man dachte, dass Wasser den Körper für Krankheitserreger öffnen würde und sich die Pest und Choleraepidemien nicht anders erklären konnte. Fließendes Wasser galt allerdings als unbedenklich, weswegen man sich auch in dieser Zeit gewaschen hat.
Im Rokoko beginnt dagegen die Aufklärung und neue Vorstellungen von Hygiene und Gesundheit. Und das Rokoko gab uns die fantastischen Frisuren und wahrhaft königliche Kleidung.
Die Mode im Rokoko
Nach dem Tod des Sonnenkönigs Ludwig XIV im Jahr 1715 änderte sich die Mode sehr, da der Modekodex, der auch für alle anderen europäischen Königshöfe übernommen worden war, wegfiel. Gerade durch die Männerwelt muss ein Aufatmen gegangen sein, denn die wuchtigen Allongeperücken konnten eingemottet werden.
Die junge, kluge Marquise de Pompadour, Geliebte und Beraterin des nachfolgenden Königs Ludwig XV, beeinflusste Sitte, Politik, und gab Architektur und Mode des Rokoko die berühmte, heitere Note. Dazu wurde die Mode durch Einflüsse des englischen Adels mit seiner Vorliebe für ländliches Leben und Reiten und Jagen geprägt.
Das Hauptkleidungsstück der Frau im Rokoko war ein langes Kleid, das im Frührokoko Countuche (Robe) genannt wurde. Diese Robe entwickelte sich aus dem Manteau, der vor allem in zweiter Hälfte des 17. Jahrhunderts populär wurde.
Die Countuche bestand aus einem Rock und darüber einem dünnen Mantel (deshalb auch Manteau), der von den Schultern bis zum Boden reichte, ellenbogenlange Ärmel aufwies und vorne offen blieb.
Die Dame trug darunter immer ein Korsett, auch als Schnürbrust bekannt, und vorne mit Nadeln darauf festgepinnt einen dreieckigen sogenannten Stecker. Dadurch, dass die Robe vorne offen war, sah man sowohl Rock als auch Stecker.
Die Robe à la Française – also das Kleid im französischen Stil wurde in ganz Europa getragen. In England hatte sie allerdings eine eigene Version, die Robe à l’Anglaise.
Eine festliche Robe wurde aus Seidenbrokat oder Seidendamast gefertigt und wurde prachtvoll mit Stickereien und/oder Schleifen verziert.
Die komplett handgefertigte Spitze war im Rokoko extrem teuer und wertvoll, Verzierungen mit Spitze zeigten also den Reichtum und Stand der Trägerin.
In allen Schichten der Bevölkerung trugen die Frauen Reifröcke. Ab 1715 war er zunächst wie ein Kegel geformt, wenig später kuppelförmig und ausladend. Die Form hatte große Ähnlichkeit mit den damals auf Märkten verwendeten Hühnertransportkörben, daher der Name Panier (frz. „Korb“). Gegen 1730 flachte das Panier vorne und hinten zur Ellipse ab.
Ab ca. 1750 wurden die großen, wadenlangen Paniers durch die sogenannten Poschen ersetzt. Die Poschen (von frz. poche, Tasche) waren zwei voneinander getrennte, auf der Hüfte sitzende Teile, die an einem Taillenband umgebunden wurden.
Die extrem breiten Poschen, die es der Trägerin nur ermöglichten, seitlich durch Türen zu gehen, blieben auf höfische Kreise beschränkt.
Die französischen Hofetikette schrieben vor, dass neben der Königin Marie Antoinette zu beiden Seiten ein Stuhl frei bleiben musste, damit die Hofdamen sie nicht verdeckten.
Marie Antoinette hatte starken Einfluss auf die Mode des Spätrokoko. Jeden Monat wurden von Paris aus Modepuppen an die europäischen Höfe verschickt, um darzustellen, was die Königin verändert hatte. Marie Antoinette löste insbesondere die schweren Brokatstoffe durch Seide in Pastelltönen ab.
Schon vor der Französischen Revolution kam der Reifrock in der bürgerlichen Mode zunächst wieder außer Gebrauch und wurde durch den Cul de Paris, ein hinten sitzendes Polster, ersetzt.
Frauenfrisuren des Rokoko
Die Frisur galt als Krönung der modischen Erscheinung im Rokoko. Die Coiffeure als Schöpfer der Frisuren waren im Rokoko hochangesehene Personen, als Künstler bezeichnet und oft besser bezahlt als Minister.
Ihre Frisuren wurden von sogenannten Kopfleiherinnen auf den Boulevards von Paris den Damen der Gesellschaft vorgeführt. Jede Kammerzofe verstand sich auf die Frisierkunst und ahmte die Kreationen der Friseure nach.
Perücken wurden im Rokoko von Frauen übrigens eher nicht getragen, auch damals war eigenes langes und volles Haar ein Schönheitskriterium für eine Frau. Mit Haarteilen wurde natürlich immer geschummelt. Diese waren sehr teuer, da natürlich aus echtem Haar und Einzelanfertigungen.
Der Hoffriseur der Marquise de Pompadour hatte täglich neue Frisurenvorschläge zu machen. Sie gestaltete zahlreiche Frisuren mit, die in ganz Europa kopiert wurden. In dieser Zeit des Frührokoko (1720-1750) waren kleine Löckchenfrisuren mit Blumenschmuck, gepudert und ungepudert, en vogue.
Erst im Hochrokoko (1750 -1780) wurden die Frisuren höher und voluminöser, so dass Drahtgestelle, Rosshaarkissen, Haarkrepp und verstärkt Haarteile nötig wurden.
1770 heiratete die 15-jährige Marie Antoinette, Tochter der Kaiserin Maria Theresia, König Ludwig XVI. Unter ihrem Zepter und den geschickten Händen des Hofriseurs Léonard Autier entstanden die berühmten fantasiereichen Frisuren. Hier ist mein Tutorial für eine Ballfrisur von Marie Antoinette.
In den hohen Aufbauten sollten Motive zu erkennen sein wie ein Springbrunnen, ein Sternenhimmel, eine Rodelbahn. Besonders zu Komödienspielen und Maskenfesten griffen die Friseure gerne außergewöhnliche Ideen auf.
Um 1778 trug die Duchesse de Chartres in ihre Frisur eingebettete Puppen. Ein Babypüppchen stellte ihren Sohn dar, in den Armen seiner Puppen-Amme, unterhalten von einem Papagei und einem schwarzen Pagenpüppchen.
Auch geschichtliche Ereignisse wurden dargestellt. Die berühmte Frisur mit dem Schiff von 1777 wurde von Friseur Autier kreiert, um das siegreiche französische Kriegsschiff „Belle Poule“ zu feiern.
Häubchen, Blumen, Perlenketten und Straußenfeder vervollständigten die extremen, aber immer eleganten und anmutigen Frisuren.
Gepudert wurde, um Farbunterschiede zwischen eigenem Haar und Haarteilen zu kaschieren. Da die Haare nicht so oft gewaschen wurden wie heute, da man noch kein Shampoo hatte, hatte das Puder auch den gleichen Effekt wie Trockenshampoo heutzutage.
Als Puder benutzte man Stärke, also Kartoffel-, Weizen- oder Reismehl, das mit einem kleinen Blasebalg gezielt auf die fertige Frisur aufgebracht wurde, bevor man sie schmückte. Der Puder konnte mit ätherischen Ölen duftig versetzt werden und war nicht immer weiß, sondern oft mit Pigmenten grau, rosa oder bläulich eingefärbt.
Im Spätrokoko (1780 – 1795) wurden die Frisuren wieder deutlich niedriger, nahmen aber an Breite zu.
Es wurden wieder Hüte getragen, nachdem das ganze Jahrhundert hindurch nur die Bergère, ein flacher Sommerhut aus Stroh mit breiter Krempe zum Schutz vor der Sonne und kleine Hauben und Hütchen eine Rolle gespielt hatten.
In der schräg geformten Rosenkranzfrisur der Prinzessin Lamballe, Freundin der Marie Antoinette, soll sie 1789 Briefe der Königin aus deren streng bewachten Gefängnis geschmuggelt haben. Diese asymmetrisch geformte, gepuderte Schrägfrisur gehört zu den letzten höfischen französischen Frisurenschöpfungen des Spätrokoko.
In der Zeit der Revolution erhielten die Frisuren dann Namen wie „Nation“, Freiheit“ oder „Husar“ und wurden nicht mehr gepudert.
Makeup im Rokoko
Die Madame de Pompadour soll noch einmal Wangenrot aufgelegt haben, bevor sie ihren letzten Atemzug tat. Ja, das Rokoko ist Schminkzeit.
Man hatte aber im Vergleich zu heute sehr wenig Utensilien – ein paar Tiegelchen und Dosen, selbst hergestellter Inhalt oder vom Apotheker.
Warum das Makeup des Rokoko in der Fachliteratur so unglaublich negativ, als maskenhaft, bedenkenlos und übertrieben dargestellt wird, erschließt sich mir nicht ganz. Zum Teil liegt es sicher an der sich anschließenden Herrschaft des Bürgertums, das sich vom Adel absetzen wollte und musste und das Schminken deshalb nach der Französischen Revolution verpönte.
Denn seitdem schminken sich Männer überhaupt nicht mehr. Was mittlerweile nicht mehr so ganz stimmt, so dass der der Blick auf das Rokoko auch nicht mehr ganz so abwertend ausfällt. Und auch damals haben sich in erster Linie Frauen geschminkt.
Mir persönlich gefällt der Stil. Die Betonung liegt auf den roten Wangen, roten Lippen und den Augenbrauen. Die Augen dagegen werden überhaupt nicht geschminkt, was das Gesicht völlig anders aussehen lässt, als man das heute gewöhnt ist.
Die Gesichtshaut wurde meist weiß gepudert, was den Kontrast zu rotem Mund und Wangen verstärkt. Für stärkere Deckung versetzte man Pomade mit weissen Pigmenten und rührte daraus eine Creme. Puder als auch Paste waren allerdings nicht wirklich deckend, insofern sah damals kaum jemand aus wie ein Clown. Woher kommt bloß dieser Quatsch? Das sieht man doch auf den Gemälden dieser Zeit, wie damals geschminkt wurde.
Heutzutage wird dagegen viel, viel stärker, deckender und durch alle Bevölkerungsschichten geschminkt, weil wir hervorragende, billig industriell gefertigte Kosmetikprodukte mit hoher Pigmentierung besitzen.
Der Grundierung wurde damals oft das giftige Bleiweiß als Pigment zugesetzt, um die Haut aufzuhellen und für die Deckkraft. Allerdings setzte sich im Rokoko langsam die Erkenntnis durch, dass diese Verwendung Gesundheitsprobleme wie Zahnschmerzen, schlechten Atem, Haarausfall und Hautprobleme verursachte und dies die Sache dann doch nicht wert war.
Kleine schwarze Schönheitspflästerchen aus Seide waren das ganze Rokoko über sehr beliebt. In einer kleinen Büchse hielt die Dame eine Reihe verschieden geformter „Fliegen“ bereit, wie z.B. Sonne, Mond und Stern. Der Sitz des aufgeklebten Pflästerchens sollen dem Kavalier Laune und Temperament der Trägerin verraten haben, so soll der Augenwinkel für Leidenschaft gestanden haben.
Schönheitspflästerchen hat man nicht getragen, um damit entzündliche Veränderungen der Haut durch alte Schminke abzudecken. Das ist ein völlig bescheuertes Märchen, das ich tatsächlich in einem Fachbuch gelesen habe!!!
Bleiweiss in der Grundierung kann selbstverständlich entzündliche Veränderungen der Haut bewirken.
Und es gab im Rokoko natürlich auch Pickel und Akne. Aber bei all diesen Hautproblemen hilft kein schwarzer Punkt oder Stern im Gesicht. Da bräuchte man dann schon eine Maske.
Auf die glorreiche Idee, einen einzelnen Pickel mit einem Schönheitspflästerchen abzudecken, ist man damals garantiert auch gekommen, das hat aber nichts mit mangelnder Hygiene zu tun.
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