Haare weg – Die Geschichte der Haarentfernung
Rasur und Entfernung von Körperhaar haben eine sehr lange Geschichte. Es wird manchen erstaunen, dass bereits in der Steinzeit vor über 25000 Jahren Menschen mit Muscheln oder scharfen Steinen ihre Haare abgeschabt haben. Die Haarentfernung durch Wachs und das Ausziehen gehören zu den ältesten noch immer angewandten Praktiken. Wie man sich Haare heutzutage am besten entfernt, habe ich in meinem Artikel Methoden zur Haarentfernung genauer beschrieben.
Die Entfernung der Körperbehaarung hat also Tradition, allerdings erfolgt dies nicht immer aus ästhetischen Gründen. So kann kann sie als äußeres Zeichen einer Zugehörigkeit zu einer Gruppe verwendet werden wie heute beim Militär. Auch die Tonsur, die eine teilweise oder vollständige Rasur des Kopfhaares verlangt, ist eine solche Art der Haarentfernung und im Hinduismus, Buddhismus und im Christentum bekannt.
Neben religiösen Gründen gab es früher den hygienischen Aspekt, da Parasitenbefall allgegenwärtig war. Gerade in heißen Gegenden war Wasser zum Waschen oft kostbar. So wurde mit der Rasur das Risiko von Erkrankungen verringert.
Haare weg im Land der Pharaoen und im nahen Osten
Im Ägypten der Pharaonen galt der haarlose Körper als Schönheitsideal. Abbildungen aus dieser Zeit zeigen die Menschen ohne jegliche Körperbehaarung. Frauen und Männer rasierten sich also auch die Köpfe, trugen aber Perücken. Aufgrund des sehr warmen Klimas Ägyptens hatte dies auch hygienische Gründe und war eine vorbeugende Maßnahme gegen Infektionen. Aus allerdings ästhetischen Gründen wurden Schamhaare entfernt.
Die lästigen Haare wurde man im alten Ägypten mit Bienenwachs und Bimsstein los, aber auch bronzene Rasiermesser sind überliefert. Die arabische Enthaarungspaste Halawa hat ebenfalls ihren Ursprung in Ägypten. Halawa besteht aus Zucker, Zitronensaft und Wasser und eventuell werden noch Rosenwasser oder Olivenöl zugegeben. Die zu enthaarende Stelle wird dünn bestrichen, anschließend wird ein Stoffstreifen auf die Paste gelegt und dann mit einem Ruck abgerissen. Der hohe Zuckergehalt verhindert das Wachstum von Bakterien in der heißen Umgebung des Orients.
Auch die Fadenmethode zur Haarentfernung von Gesichtsbehaarung kommt aus Ägypten und soll von Kleopatra benutzt worden sein. Sie hat sich wie Halawa im gesamten nahen Osten verbreitet. Der Faden wird mit jeweils beiden Händen und dem Mund so über die zu enthaarenden Stellen geführt und verzwirbelt, dass die jeweils verdrillte Stelle des Fadens die Haare entfernt. Richtig angewendet ist diese Methode so präzise, dass damit sogar Augenbrauen exakt in Form gebracht werden können.
Die Mesopotamier im heutigen Irak haben überflüssiges Gesichtshaar gezupft. Bei Ausgrabung von Ur, der Hauptstadt der Chaldäer, wurden in einem Grab aus der Zeit um 3500 v. Chr. eine Pinzette gefunden.
Aus dem nahen Osten stammt ebenfalls die seit etwa 4000 vor Christus bekannte Enthaarungspaste Rhusma Turcorum (auch rusma oder depilatorium turcicum), bestehend aus einer Mischung aus Orpiment (auch Auripigmet, früher: Arsenblende), gelöschtem Kalk und Stärke. Die ätzenden Bestandteile von Rhusma Turcorum sorgen dafür, dass die Haare nach einiger Zeit der Anwendung schwächer oder gar nicht mehr wuchsen. Rhusma Turcorum fand seinen Weg über Ägypten nach Griechenland, ins mittelalterliche Europa bis in Apothekerhandbücher des 19. Jahrhunderts. Rusma wird sogar heute noch in islamischen Ländern im nahen Osten und in Indien benutzt.
Im der alten Kultur Indiens wurden Brust- und Schamhaare enthaart, und das Haar an Kinn und Oberlippe jeden vierten Tag. Hygiene gilt als religiöses Gebot im Hinduismus.
Haare weg im antiken Griechenland
In Griechenland galt Körperbehaarung als barbarisch, zumindest in bestimmten Epochen. Auf griechischen Vasenmalereien wurden Frauen und Männer meist nackt und haarlos abgesehen vom Kopfhaar dargestellt.
Auch Abbildungen und Skulpturen aus griechischer Zeit zeigen ausschließlich Menschen ohne Körperbehaarung. Die Griechen benutzen Rhusma Turcorum zur Haarentfernung.
Haare weg im alten Rom
Eine glatte, haarlose Haut war auch bei den Römern ein Schönheitsideal. Männer rasierten ihre Gesichter bis Kaiser Hadrian, Julius Caesar soll seine Gesichtshaare gezupft haben. Römischen Frauen formten ihre Augenbrauen mit einer Pinzette.
Nicht nur in römischer Zeit, sondern bis in das 20. Jahrhundert, wurden Körperhaare durch das Reiben mit Bimsstein entfernt. Huren in Rom konnten sogar mehr verlangen, wenn sie im Intimbereich haarlos waren.
Haare weg im Mittelalter
Auch im bei uns häufig als „finster“ benannten Mittelalter sind Abbildungen nackter Körper in der Regel ohne Körperbehaarung. Es gibt auf der Burg Sforzesco in Mailand ein Relief von 1185, auf dem eine Frau abgebildet ist, die sich mit einer Schere die Schamhaare schneidet. In den Badestuben des Mittelalters kamen verschiedene Methoden zur Haarentfernung zur Anwendung. Einer Schrift aus dem 13. Jahrhundert kann man das Rezept zur Herstellung von Rhusma Turcorum entnehmen.
Nicht alle diese Methoden waren allerdings verträglich. Aus der Zeit kommen auch die Rezepte, die Fledermausblut und Kröten enthalten. In der „Oeconomia Ruralis“, einem Hausbuch aus dem Mittelalter, sind 19 Rezepte für Haarentfernungsmittel aufgeführt. In den Rezepturen werden außer Pflanzensäften auch Hundeblut, Kalbsurin oder Schwalbengalle aufgeführt. Noch im 18. Jahrhundert wurden Mischungen, die getrockneten Katzenkot enthalten, empfohlen.
Haare weg in der Neuzeit
Populär und als Zeichen ihrer Femininität breitete sich die Entfernung der Körperbehaarung in den USA bei Frauen insbesondere zwischen den Jahren 1915 und 1945 aus. Frauen fingen ab 1910 an, sich unter den Armen zu rasieren und die Beinrasur begann nach dem Ende des Ersten Weltkrieges, als die Kleider kürzer wurden. Die erste moderne Rasierer für Frauen wurde im Jahre 1915 hergestellt und Einwegrasierer für Frauen folgten im Jahr 1975. Seit 1945 steigt der Einfluss in Richtung Europa.
In islamisch geprägten Ländern und in den USA ist das Rasieren des ganzen Körpers noch heute weiter verbreitet als in Europa, wo das Entfernen der Haare am gesamten Körper mittlerweile aber auch im Trend der Zeit liegt. Frauen und Männer rasieren oder epilieren sich gleichermaßen häufig am ganzen Körper.
Sehr gängig in Deutschland ist mittlerweile die Rasur in den Achseln, an den Beinen und immer häufiger im Intimbereich. In der westlichen Welt ist die Armrasur noch nicht so weit verbreitet, dafür rasieren sich immer mehr junge Männer das Brusthaar ab. Was also einst einmal sexy und erotisch war, kann zu einer anderen Zeit ganz anders wirken…
7 Kommentare